Wachstums-Schalter für Anpassungsfähigkeit von Pflanzen entdeckt
Wie schafft es eine Pflanze, ihr Wachstum schnell an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen?
Ein Forschungsteam der Universität Freiburg um den Pflanzenphysiologen Prof. Dr. Jürgen Kleine-Vehn hat dazu einen bislang unbekannten Mechanismus entdeckt. Eine Art zelluläre Abbaumaschinerie wirkt im Hintergrund wie ein Schalter, der entscheidet, ob das Pflanzenhormon Auxin verfügbar ist oder nicht. Mit diesem Mechanismus kann die Pflanze auf ihre Umwelt reagieren und ihr Wachstum dynamisch regulieren, etwa durch Wurzelwachstum im Boden oder durch die Krümmung des Sprosses zum Licht. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.
Arabidopsis Pflanze in Laborbedingung.
PILS-Proteine als Torwächter
Im Zentrum des neu entdeckten Steuerungsmechanismus stehen die sogenannten PILS-Proteine. Sie wirken wie Torwächter: Mal halten sie Auxin im Inneren der Zelle zurück, mal geben sie es für das Wachstum frei. Welche Entscheidung getroffen wird, hängt davon ab, wie viele dieser Proteine vorhanden sind. Die Freiburger Forschenden konnten nun zeigen, dass eine zelluläre Abbaumaschinerie, die sogenannte ERAD-Maschinerie, die Zahl der PILS-Proteine nach Bedarf reguliert. Wird Auxin bei Veränderungen der Umwelt benötigt, werden die Torwächter abgebaut und die Pflanze wechselt in einen anderen Wachstumsmodus. Bleiben die Bedingungen stabil, so bestehen die Proteine weiter und bremsen die Hormonantwort.
Möglicher Schlüssel für nachhaltige Landwirtschaft
„Man kann sich diesen Mechanismus vorstellen wie einen molekularen Schalter“, erklärt Studienleiter Kleine-Vehn. „Die Pflanze entscheidet, ob Auxin wirkt oder nicht, und passt ihr Wachstum damit flexibel an die Umwelt an.“ Die Entdeckung eröffnet einen neuen Blick auf die feine Steuerung pflanzlicher Entwicklung und zeigt, wie eng innere Kontrollmechanismen und äußere Signale ineinandergreifen. Auch Seinab Noura, Biologin an der Universität Freiburg und Erstautorin, unterstreicht die Bedeutung der Ergebnisse: „Wenn wir solche Mechanismen gezielt nutzen, könnten Nutzpflanzen widerstandsfähiger gegen Stress werden.“ Langfristig könnte dieses Wissen dazu beitragen, Pflanzen robuster gegenüber klimatischen Veränderungen zu machen. Dies wäre ein entscheidender Schlüssel für eine nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft.